Experiment

Experiment

Motivation

In einem Experiment wurden diffuse Ausflüsse nachgestellt und mit Kameras aufgenommen. Das aufgenommene Videomaterial hat zwei Zwecke. Zum einen wurde das Material als Testmaterial für die Detektionssoftware verwendet. Für eine Evaluation der Software ist es wichtig auch Testmaterial zu verwenden welches nur den gewünschten Schlieren Effekt enthält und möglichst wenig Störfaktoren. Videos von echten Tiefseeausfahrten haben das Problem, dass das Videomaterial von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst wird. Ein Experiment hat den Vorteil, dass Störfaktoren eliminiert, oder zumindest minimiert werden können. Zum anderen wurde das Material des Experiments mit den Ergebnisvideos der Simulationssoftware verglichen. Dieser Vergleich ist hilfreich, um zu bewerten, ob die Simulationssoftware realistische Effekte nachstellt.

Um verschiedene Möglichkeiten für die Nachstellung eines diffusen Ausflusses zu testen, und um die besten Methoden zu finden, wurden zunächst zwei Experimente in einem kleinen Aquarium durchgeführt und anschließend zwei Experimente in einem größeren Becken.

Es folgt eine Übersicht über ausgewählte Aktivitäten.

1. Versuchsreihe - Auswahl Materialien

In dem ersten Experiment ging es vor allem darum, wie ein realistischer Schlieren Effekt erzeugt werden kann. Dafür gab es zwei grundlegende Ansätze: durchsichtige Formen und Flüssigkeiten einleiten. Für die Aufnahme wurde eine unterwasser-montierte GoPro Kamera verwendet. Der Aufbau ist auf dem folgendem Bild dargestellt. (Aufgrund von Spiegelungen ist der Schachbretthintergrund nur der Reflexion auf dem Aquariumboden zu erkennen.)

Versuchsaufbau des ersten Experiments

Die durchsichtigen Formen wurden mit PU (Polyurethane, Klarsilikon) einem 3D-Drucken gedruckt und geschliffen. Das folgende Bild zeigt eine wellenartige Form vor einem Schachbretthintergrund.

Kleines Bild einer PU Form um Schlieren Effekt zu erzeugen

Das Problem die den festen Formen war aber, dass das Ergebnis Video entsprechen statisch war. Statische Formen erzeugen keine hochfrequenten Verzerrungen, wie es typisch für Schlieren ist. Genau dieser Effekt konnte durch das Einleiten von Flüssigkeiten erreicht werden. Es wurde warmes Wasser in das Aquarium, dessen Wassertemperatur auf Raumtemperatur war, eingeleitet. Das entspricht auch eher dem, was in der Realität bei diffusen Ausflüssen passiert. In diesem ersten Experiment wurde das warme Wasser durch eine Duschbrause eingeleitet, wie im folgenden Bild zu sehen.

Kleines Bild einer PU Form um Schlieren Effekt zu erzeugen

Neben diesen beiden Methoden wurden auch andere feste Formen und auch Öl verwendet. Die anderen Formen hatten dasselbe Problem wie die wellenartige Form. Das Öl hat große Tropfen gebildet, die im Ganzen an die Wasseroberfläche gestiegen sind, ohne sich zu vermischen.

Erkenntnisse aus der ersten Versuchsreihe

  • Warmes Wasser einleiten funktioniert sehr gut
  • Es muss eine verlässliche Methode geben das Wasser einzuleiten
  • Das Aquarium sollte abgedunkelt werden, um Reflexionen und Spiegelungen zu vermeiden

2. Versuchsreihe - Verschiedene Wassertypen

Bevor das Experiment im größeren Stil durchgeführt wird, erschien es sinnvoll ein zweites Experiment in dem kleinen Aquarium durchzuführen, weil das weniger Aufwand ist. Das Ziel war es vor allem die Lessons learned aus dem ersten Experiment umzusetzen. Es sollte also eine verlässliche Methode geben das Wasser einzuleiten und Reflexionen minimiert werden.

Letzteres wurde erreicht, indem die Wände es Aquariums von innen mit schwarzem, lichtundurchlässigem Stoff ausgekleidet wurden. Für das Einleiten des Wassers wurde eine peristaltische Pumpe verwendet, die das Wasser aus einer Flasche in das Aquarium pumpt. Als Ausfluss waren zunächst mehrere kleine Löcher am Ende eines Schlauches geplant. Da durch diese aber nicht genug Wasser fließen konnte wurde einfach das Schlauchende als Ausfluss verwendet.

Da das Einleiten von warmem Wasser im vorigen Test gute Ergebnisse erzielt hat wurden in diesem zweiten Experiment auch Salzwasser, mit verschiedenen Salzgehalten, und kaltes Wasser ausprobiert.

Kleines Bild von Salz Wasser, Salzgehalt 38 Gramm pro Liter. Effekte vor allem an den Kanten der Kästchen erkennbar.

Das warme Wasser erzielte wie erwartet ein gutes Ergebnis. Das Salzwasser hat auch gute Ergebnisse erzielt. Dabei wurde aber deutliche, dass ‚geringe‘ Salzwasserkonzentrationen in der Größenordnung 10-40 Gramm pro Liter ausreichen. Bei Salzwasserkonzentrationen in der Größenordnung 240 Gramm pro Liter waren auch Schlieren erkennbar, allerdings ist der Effekt sehr stark und das Wasser wird undurchsichtig. Das Einleiten von kaltem Wasser hat nicht gut funktioniert. Die Idee war Eiswürfel auf der Wasseroberfläche schmelzen zu lassen. Das geschmolzene kalte Wasser sollte dann nach unten strömen. Es gab keine sichtbaren Schlieren Effekte. Das lag wahrscheinlich daran, dass das Eis zu langsam geschmolzen ist und somit zu wenig kaltes Wasser nach unten geströmt ist.

Erkenntnisse aus der zweiten Versuchsreihe

  • Neben warmem Wasser erzeugt auch Salzwasser ein gutes Ergebnis
  • Salzwasserkonzentrationen zwischen 10 und 20 Gramm pro Liter sind ausreichend
  • Nach einem Durchgang mit Salzwasser sollte eine Pause gemacht werden damit das eingeleitete Salzwasser den nächsten Durchgang möglichst wenig beeinflusst

3. Versuchsreihe - Großes Becken

Das dritte Experiment sollte das letzte Experiment werden. Es wurde in einem Becken (111 x 91 x 38 cm) durchgeführt. Als Kamerasystem kam das BlueRov zum Einsatz. Das ist ein Rov, welches so auch auf Tiefsee Missionen eingesetzt wird. Auch die Beleuchtung war am BlueRov montiert. So war auch das Kamerasystem nah an der Realität. Um das Wasser in das Becken zu pumpen wurde eine Kreiselpumpe verwendet.

Versuchsaufbau des dritten Experiments. BlueRov als Kamerasystem

Die Ergebnisse diese Experiments waren unbrauchbar. Der vom BlueRov übertragenen Videostream war unscharf und Artefakt behaftet. Wo der Fehler dabei lag konnte nicht ermittelt werden. Darüber hinaus gab es große Probleme mit der Kreiselpumpe, denn es durfte nur Wasser im System sein, damit sie funktioniert. Sobald die Pumpe Luft gezogen hat, konnte sie nicht mehr pumpen.

Da in diesem Experiment keine brauchbaren Videos aufgenommen wurden. Wurde sich dazu entschieden ein weiteres Experiment durchzuführen, in dem die Probleme dieses Experiments ausgebessert werden.

Erkenntnisse aus der dritten Versuchsreihe

  • Es muss ein geeignetes Pumpensystem geben
  • Das Kamerasystem muss funktionieren
  • Am besten hat man noch eine Backup-Kamera

4. Versuchsreihe - Finales Experiment

Das vierte Experiment soll die Fehler des dritten Experiments ausbessern. Das betrifft hauptsächlich das Kamerasystem und das Einflussystem.

Als Kamera wurde wie im ersten Experiment wieder eine GoPro eingesetzt mit einem darauf montierten Unterwasser LED-Licht.

Die Pumpe wurde durch ein selbstgebautes Einflussystem ersetzt. Dieses basiert auf einem Höhenunterschied. Das Wasser, das einfließen sollte, befand sich in einem Kanister, der höher als das Becken lag. Über ein Ventil konnte der Zufluss gesteuert werden. Der Einfluss selbst war eine 3D gedruckte Form mit einem 9x9 Raster von Löchern (insgesamt 81) à 2 mm, durch die das Wasser letztendlich ins Becken eintritt.

Als Hintergrund wurde in diesem Experiment ein Linienraster verwendet, dessen Linien je 2 cm voneinander entfernt sind.

Versuchsaufbau des vierte Experiments. Für genaue Maße siehe Paper Kapitel 4.4.1

Im Vergleich zum dritten Experiment war dieses Experiment ein Erfolg. Das eingeleitete warme Wasser und Salzwasser brachten alle vielversprechende Ergebnisse. Nachfolgend ein paar ausgewählte Beispiele.

Warmes Wasser

Bei der Einleitung von warmen Wasser haben sich sehr klare Schlieren gebildet, die direkt nach oben aufgestiegen sind. Gerade gegen Ende gibt es noch sehr markante, sich auf der Stelle bewegende Linseneffekte.

Leicht salzhaltiges Wasser

Auch hier sind aufsteigende Schlieren gut zu erkennen. Im Vergleich zum warmen Wasser sind sie weniger transparent.

Stark salzhaltiges Wasser

Beim stark salzhaltigen Wasser hat sich ein interessanter Effekt eingestellt. Nachdem das einströmende Wasser zunächst aufgestiegen ist, fällt es wieder hinunter. Auch nach dem Ende des Einströmens wabert dies noch einige Zeit am Boden weiter.

Die Krümmung der Linien entsteht durch das Weitwinkelobjektiv der GoPro.

Diese Ergebnisse konnten als Testdaten für die Detektionssoftware verwendet und mit den Ergebnissen der Simulationssoftware verglichen werden.

Auswertung

Vergleich mit Simulation

Nun sollen die Ergebnisse des Experiments mit den Ergebnissen der Simulationssoftware verglichen werden. Mithilfe dieses Vergleiches kann bestimmt werden, ob die Simulationssoftware ein realistisches Verhalten simuliert.

Natürlich kann die Simulation das Experiment nicht 1:1 abbilden. So benutzt die Simulation z.B. eine durchschnitts Zufluss Geschwindigkeit, während im Experiment nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Zufluss Geschwindigkeit gleichmäßig und an jedem Loch gleich ist. Ein weiterer Unterschied ist das einströmende Wasser. Im Experiment wir warmes Wasser und Salzwasser verwendet. In der Simulation wird jedoch nur warmes Wasser verwendet. Daher wird die Simulation auch nur mit den Ergebnissen des Experiments mit warmen Wasser verglichen.

Warmes Wasser im Experiment Warmes Wasser in der Simulation

Offensichtlich ist, dass die Simulation viel klarer ist. Es gibt weniger Artefakte und andere Faktoren, wie z.B den Fischaugen Effekt der GoPro. Auch der Hintergrund ist in der Simulation perfekt schwarz-weiß.

Was den Schlieren Effekt angeht fallen in der Simulation zwei Dinge auf:

  1. Wenn man den gesamten Verlauf der Hintergrund-Linien betrachtet ist eine gleichmäßige Krümmung zu erkennen. Sowohl bei den vertikalen als auch bei den horizontalen.
  2. Die Linien selbst flackern ein wenig. Sehr ähnlich zu den kleinen Verzerrungen durch die Schlieren, wie im Experiment. Dieses Flackern tritt aber nur in diskreten Einheiten auf. Die Verzerrungen sind nicht kontinuierlich, wie beim Experiment. Das liegt wahrscheinlich daran, dass der Hintergrund eine Pixelgrafik ist. Daher können die Verzerrungen nur in ganzen Pixeln auftreten.

Insgesamt erzeugt die Simulationssoftware vielversprechender Ergebnisse, die einen sichtbaren Schlieren-Effekt enthalten.

Test mit Detektionssoftware

Die Ergebnisvideos des Experiments wurden von der Detektionssoftware ausgewertet. Diese Auswertung wird nun Frame für Frame mit dem Originalteil des Videos verglichen.

Der Algorithmus zeigt zum Zeitpunkt der Auswertung Ende Februar 2020 (die Detektionssoftware ist noch “work in progress”), Punktwolken an, aber keine zusammenhängenden Regionen, wie z.B. bounding boxes. Trotzdem ist erkennbar, dass die Punkt-Dichte deutlich höher in den Regionen des Ausflusses ist. Das ist ein guter Hinweis darauf, dass der Algorithmus die Schlieren in den Experiment Videos erkennt.

Titelhintergrund Erzeugung von Schlieren mit warmen Wasser (Eigenes Bild)

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